Schuhhaus Terhünte

Das Kind ist Maß für unsere Kinderschuhe nach WMS


Interviewer: Viele Eltern sind verunsichert, wenn es um Kinderschuhe geht. Durch die Medien gingen Schlagzeilen wie „Kinderschuhe schaden, weil sie zu kurz – oder seit neuestem auch, weil sie zu groß sind“. Was ist an solchen Schlagzeilen dran und was ist die Antwort eines erfahrenen Schuhfachgeschäfts?

Gausling: Wir wollen, dass die Kinderschuhe, die wir verkaufen, den Kinderfüßen passen – nicht zu groß und nicht zu klein. Sie sollen Kindern und Eltern natürlich auch gefallen. Beides gehört zusammen und ist für uns in jeder Saison eine neue Herausforderung. Es ist richtig, dass Kinderschuhe den heranwachsenden, kleinen Füßen Schaden zufügen, wenn sie zu klein sind. Was nicht in den Schlagzeilen zu finden ist, aber ebenso wahr: Auch zu weite Schuhe schaden und zu große Schuhe ebenso. Unsere Aufgabe ist, für den individuellen Kinderfuß die richtige Länge und Weite der Schuhe zu finden. Da gibt es aber ein Problem. Kinderfüße spüren nicht, welcher Schuh die richtige Länge und Weite hat. Wir müssen es von außen feststellen. Dazu nutzen wir das WMS-Fußmessgerät und nach WMS zertifizierte Schuhe.

Interviewer:
Das Zauberwort heißt – so wird jetzt schon deutlich – „passende Kinderschuhe“. Was macht „passende Kinderschuhe“ aus, was sollten Eltern darüber wissen.

Gausling: Im Einzelnen ist das sehr schwierig und wurde vom Institut für Sportmedizin und Prävention der Universität Potsdam unter Leitung von Prof. Dr. med. Frank Mayer mit neuesten wissenschaftlichen Methoden für das Schuhinstitut untersucht. Einige Grundregeln jedoch stehen fest. Ein Fuß ist kein fester, starrer Körper, den wir nur umhüllen müssen. Jeder Fuß ist ein kompliziertes Bewegungsorgan, das je nach Beanspruchung seine Form wechselt. Das einfachste Beispiel ist: Der Fuß eines siebenjährigen Junge kann im Sitzen 202 mm lang sein, wird unter Belastung im Stehen 210 mm lang und beim Gehen dehnt er sich nochmal auf ganze 217 mm aus. Schuhe müssen beim Gehen, in der Bewegung passen, denn Kinderschuhe sind keine Sitz- oder Stehschuhe. Wir können Kinderfüße in der Bewegung jedoch nicht messen. Wenn wir den Kinderfuß mit dem WMS-Fußmessgerät im Stehen messen, muss der Schuh eine Bewegungszugabe von mindestens 7 mm haben. Kinderfüße wachsen aber auch. Also muss auch noch eine vertretbare Wachstumszugabe hinzukommen. WMS-Kinderschuhe haben bei kleinen Modellen 9 mm und bei größeren bis zu 15 mm Zugabe zum Maß des stehenden Fußes.

Interviewer: Sie haben allerdings auch auf die Beachtung der richtigen Weite hingewiesen. Was hat es damit auf sich.

Gausling: In der Bewegung verlängert sich der Fuß nicht nur, er drängt auch mit großer Dynamik nach vorne. Die Idealvorstellung ist, dass – wie die Schuhfachleute sagen – „der Schuh mit dem Fuß geht“. Das heißt im Einzelnen: Ein guter Fersensitz sollte während der gesamten Abrollbewegung gesichert sein. Das prüfen wir bei jeder Anprobe. Der Schuh sollte sich da biegen, wo sich auch der Fuß biegt. Auch das prüfen wir. Der Fuß sollte nicht durch die Dynamik in den reservierten Raum für die Bewegungszugabe vor den Zehen rutschen. Dann nämlich schadet er wie ein zu kurzer Schuh. Für alles das ist es wichtig, dass der Fuß im Ballen-Spannbereich gut vom Schuh gehalten wird. Dafür ist die richtige Weite unabdinglich. Jedoch haben Füße bei gleicher Länge sehr verschiedenes Volumen: Es gibt sie von superschlank bis sehr kräftig. Hier hat die neue Untersuchung der Universität Potsdam gezeigt, dass die Streuung der Fußweiten und -breiten bei gleicher Fußlänge zugenommen hat. Darum benötigen wir zur Schuhauswahl in verschiedenen Längen pro Länge immer auch verschiedene Weiten. Bei WMS heißen die Weiten W eit, Mittel und Schmal.

Interviewer: Steht noch der Vorwurf im Raum, dass Kinderschuhe nicht richtig ausgezeichnet sind.

Gausling: WMS ist ein Längen- und Weitensystem. WMS-Schuhe haben eine verlässliche Auszeichnung. Auch für Schuhmodelle, die nicht nach WMS ausgezeichnet sind, sind für uns nach der WMS-Fußmessung die WMS-Maßvorgaben der Maßstab, an den wir uns halten. Deshalb kann es vorkommen, dass wir ein Modell größer als ausgezeichnet nehmen, wenn es nicht nach WMS ausgezeichnet ist.

Interviewer: Prüfen Sie das mit dem Daumendruck.

Gausling: Nein, der Daumendruck funktioniert nicht bei Kinderfüßen. Das ist bereits seit den ersten wissenschaftlichen Untersuchungen in den 50er Jahren bekannt. Kinder ziehen die Zehen bei Druck im Reflex ein. Ist der Daumen weg, sind die Zehen wieder vorne und man hat einen leeren ‚Phantomraum‘ ertastet. Wir nutzen kleine Messhilfen, um die tatsächlichen Schuhinnenlängen abzugleichen. Ob die Ballenlage und Weite stimmt, ertasten wir dann mit gezieltem Griff an die Fußballenpunkte.

Interviewer: Worauf legen Sie beim Einkauf der Kinderschuhe noch großen Wert?

Gausling: Wir legen Wert darauf, dass die Materialien auf Hautunverträglichkeiten getestet sind. Die Verarbeitung muss möglichst allen Strapazen, denen ein Kinderschuh ausgesetzt ist, standhalten. Am wichtigsten ist jedoch neben der Passform das schicke, modische Aussehen. Schuhe sind nicht nur eine Sache für die Füße. Sie sind auch wichtig für die Seele. Die mehrtausendjährige Schuhgeschichte zeigt: Das Aussehen ist den Trägern oft wichtiger als die Passform. Deshalb heißt unsere Losung: Schicke Schuhe, die passen.

Interviewer: Ich habe aus Ihrem Haus Klagen gehört, dass manche Eltern bei Ihnen messen lassen, dann aber die Schuhe woanders kaufen, zur Sicherheit dann einfach etwas größer.

Gausling: Es muss doch einen Grund haben, warum Clowns immer mit viel zu großen Schuhen rumlaufen. Ihr unbeholfener, tapsiger Gang wirkt einfach komisch. Im Ernst: Kinder entwickeln sich zu Persönlichkeiten und ein individueller Gang ist ein wichtiger Teil davon. In zu großen Schuhen können Kinder keine ihnen angemessene Abrollbewegung machen. Das bedeutet auch Stolper- und Unfallgefahr. In zu großen Schuhen bekommen Kinder kein Gefühl der Selbstsicherheit. Gute Schuhe müssen passen, nicht zu kurz und nicht zu lang und nicht zu weit. Das richtige Maß eben. Da richten wir uns nach dem individuellen Kinderfuß.